Donnerstag, 22. September 2011

Hari Raya

Hari Raya ♥


















Wir haben Hari Raya und sind im Moment in unserem Dorf: „Sungai Siput, Perak“, bei unserer Familie.
Hari Raya ist ein Fest, was ein Monat lang nach dem Fastenmonat gefeiert wird. Man ist mit der Familie zusammen und geht von Haus zu Haus, um dann dort zu essen und anschließend ein paar RM zu bekommen. RM ist die Währung hier. Alle Kinder freuen sich das ganze Jahr lang auf dieses Fest und alle anderen natürlich auch.

Zuerst wollte ich garnicht nach Perak, in unser Dorf gehen. Warum?
Dann fange ich mal an!
Ich wusste seit längerem schon, dass wir bald in unser Heimatdorf fahren würden und habe mich auch gefreut. Dann, eines Abends saß ich, wie des öfteren mit meiner Schwester Abby zusammen und habe ein bisschen mit ihr gequatscht, bis wir zu dem Thema kamen, dass wir ja bald ins Dorf fahren würden und was denn dort alles auf mich zu kommen würde!
Ich dachte erst, sie würde mich verarschen, als sie sagte, dass wir dort keine Betten haben und auf dem Boden schlafen müssen. Das es keine Ventilatoren gibt und das Wasser auch manchmal erst um 17:00h kommt. Außerdem gäbe es keine Decken und wenn es heftig regnet und das tut es hier oft, würde es rein regnen, denn das Haus bestehe nur aus undichtem Holz. Zudem kam, dass es nur eine Toilette draußen gab, die wohl sehr unsauber sein sollte, worin man auch duschen müsse und es würde wohl keine richtige Türe geben, zum abschließen. Dann erzählte sie mir, dass es in dem Dorf sehr viel Essen gäbe, was ich nicht mögen werde, es aber trotzdem essen müsse, denn es wäre unhöflich, es abzulehnen, denn dann würden sie sich im Dorf beleidigt fühlen und sich denken: „Was? Warum ist mein Essen nicht gut genug für sie?“ Und dann kam das schlimmste, wo ich mich fragte, wie ich das bitte überleben sollte! Undzwar würden es dort sehr viele Kakerlaken geben, die Nachts gerne mal auf dir rum laufen, während du schläfst und auch immer wieder in deinen Klamotten zu finden wären, doch ich merkte, dass sie es ernst meinte!
Die ganze Zeit fragte ich mich, warum mir so etwas passieren müsse und redete mir die ganze Zeit ein, dass es ja ohnehin nur 3-4 Tage wären und ich das schon überleben würde! Schließlich taten die anderen das auch! Doch als meine Schwester am darauffolgenden Abend zu mir kam und mir berichtete, dass wir dort doch länger bleiben würden, als gedacht, habe ich mir ziemlich viele Gedanken gemacht, was denn wäre, wenn ich mich wegen dem Essen übergeben müsste und wie ich das mit dem schlafen ohne eine Matratze aushalten könnte, geschweige denn mit keinem trinken in dieser Hitze. Kurz gesagt, ich habe mir die allerschlimmsten Vorstellungen gemacht und habe jede Nacht in meinem gemütlichen Bett in Shah Alam genossen.
Als es dann soweit war und wir im Auto auf dem Weg zum Dorf waren, habe ich probiert, so wenig, wie nur möglich darüber nachzudenken, wie die ganze nächste Woche ablaufen würde.
Dann waren wir auf einmal da. Nach 4 Stunden Fahrt waren wir nun leider angekommen. Angst stieg in mir hoch, doch ich musste da jetzt durch, dachte ich mir und immer wieder sagte ich mir, dass ich das schon schaffen würde und ich mir nichts anmerken lassen werde.
Von außen sah es garnicht so schlimm aus und ich hatte vorher auch noch nie eine so schöne Landschaft/ Gegend gesehen, wie hier. Riesige Palmen stiegen in den Himmel und bis zum Horizont nur wundervolle Berge und grün, wie man es vorher noch nicht gesehen hatte. Die schönsten, kräftigsten und leuchtesten Farben, die man sich nur vorstellen konnte, spiegelten sich in der Landschaft wieder und man könnte wirklich anfangen zu träumen, so schön sah es aus!
Wir gingen rein und es sah unerwartet erstaunlich sauber und schön aus. Zuerst wunderte ich mich, denn ich sah eine Toilette direkt neben der Küche und es gab einen Fernseher! (Sie erzählte mir, dass es keinen geben würde, was für mich kein Problem wäre.) Dann stand sie neben mir. Abby, meine Schwester stand neben mir und grinste, wie ein Honigkuchenpferdchen. Ich war völlig perplex und wusste nicht, meine Gedanken zuzuordnen. War es war, dass sie mir alles nur vorgeschwindelt hatte und in Wirklichkeit würde ich ein gemütliches Bett haben? Oder war mir schon so heiß, dass ich Halluzinationen bekam? Oder hatte ich in ihren Erzählungen irgendetwas falsch verstanden und nur das mit der Toilette und dem Fernseher wäre anders? Ich versuchte wieder klar zu denken und merkte, dass es Realität war und ein großer Funken Hoffnung kam in mir auf, dass alles anders ist, als gedacht und gesagt. Da fragte mich auf einmal meine Schwester, was denn mit mir los wäre und was ich sehen würde, dass ich so ein Gesicht machen würde, als ob ich ein Gespenst gesehen hätte? Sie fragte mich, ob es irgendwie anders ist, als ich es mir vorgestellt habe und dann fing sie laut an loszulachen, so ein dummes Gesicht muss ich wohl gemacht haben! Dann musste ich es einfach wissen und fragte sie einfach ganz direkt, ob wir Betten hätten und sie meinte, dass wir selbstverständlich Betten hätten und wie ein kleines Kind bettelte ich, ob ich endlich unsere Zimmer sehen könnte, wo wir schlafen würden und als ich dann in unserem Zimmer stand, was ich mir mit Abby teilte, sah ich ein riesiges großes Bett mit einer dicken Matratze und in den darauffolgenden Minuten stellte sich heraus, dass nichts wahr war, von dem, was sie mir erzählt hatte. Einerseits war ich überglücklich und konnte es immer noch nicht glauben, andererseits war ich richtig wütend auf meine Schwester, denn ich hatte wirklich panische Angst vor dieser Woche, die wir hier verbringen würden.
Es macht hier richtig Spaß zu duschen. Es gibt einen sogenannten kleinen Brunnen in dem Badezimmer, wo man sich mit einer kleinen Schüssel immer Wasser raus schenken muss, um sich damit nass zu machen. Außerdem ist das Wasser kalt. Ich kann nur sagen, dass es einen riesigen Spaß macht und von dem kalten Wasser wird man wenigstens richtig wach am Morgen!
Hier im Dorf haben wir richtig viele Cousinen und Cousins. Denn mein Vater hat 16 Geschwister und die haben alle jeweils ca. 5-7 Kinder, die teilweise auch schon selber wieder Kinder haben. Eine richtige Großfamilie!
Die Nacht, bzw. der Abend ist hier mit das schönste, finde ich! Wundervolle Öllichter beleuchten die Landschaft und die Gärten und da im Moment Hari Raya ist, gibt es sehr viel Feuerwerk, wie bei Silvester oder noch ein bisschen mehr, würde ich sagen. Es ist wunderschön. Diese vielen bunten Feuerwerkslichter. Andererseits ist es auch ein bisschen komisch oder eher beängstigend, denn die Knaller und Bomben hören sich an, als ob wir mitten in einem Krieg wären und es ist so, als ob es schon zum Alltag geworden wäre, draußen auf der Veranda herum zu sitzen und sich zu unterhalten, während im Hintergrund eine „Kriegsstimmung“ herrscht!
Hier auf dem Dorf komme ich mit meinem Englisch allerdings nicht wirklich weiter und man kann sehen, dass man, viel schneller die Sprache lernt, wenn man wirklich etwas haben möchte!
Hier im Dorf starren mich alle noch mehr an, als in Shah Alam. Meine Schwester meinte, dass sie vorher noch nie weiße Menschen in Wirklichkeit gesehen hätten, nur im Fernseher.
Jeden Abend fahren meine Schwester Abby und ich mit dem Mofa durch das Dorf und sie zeigt mir alles. Dort, wo mein Vater früher zur Schule gegangen ist und andere Gebäude. Es gibt einen kleinen Laden, etwas weiter aus dem Dorf heraus, wo man die wichtigsten Dinge kaufen kann. Sonst kommt man sich, wie im Dschungel vor. Naja, das liegt wohl daran, das wir mitten im Dschungel sind!
An ganzen 2 Tagen sind wir zu Bekannten, Familie und Nachbarn gegangen und haben Hari Raya gefeiert. Alle machen sich besonders schick und ziehen den extra gekauften Baju Raya an. Dieses Jahr ist unsere Familienfarbe Turquoise. Es kommt mir so vor, als hätten wir nie gefastet, denn ich bin so satt, wie noch nie. Das Essen ist ausgezeichnet, mit ein paar Ausnahmen.
Die schönste Zeit ist hier wirklich, wenn wir Abends, wenn es schon dunkel ist, mit dem Auto durch das Dorf zu jemandem fahren. Mit offenem Fenster. Man spürt den Wind im Gesicht und es ist einfach nur wundervoll. Dieser Geruch, vom Grillen, obwohl garnicht gegrillt wird und ein hauch von Feuer mag ich nämlich sehr.
Das respektieren von anderen Personen, besonders älteren Personen, ist hier wirklich schön und auch sehr wichtig. Nicht, wie in Deutschland zu vergleichen. Diese Harmonie in den Familien ist wundervoll.
In meiner Familie in Deutschland ist sie das natürlich auch, aber in vielen anderen Familien ist es nun mal nicht so und außerdem kann man das sowieso nicht vergleichen, denn es gibt hier einfach sehr viele andere Sitten und Bräuche!
Nicht zu glauben, dass die hier alle wirklich an Geister glauben! Deswegen können sie auch nicht ohne Licht einschlafen und meine Schwester ist sonst immer die ganz Harte! Ich habe denen natürlich gesagt, dass ich nicht an so etwas glaube und ich das Schwachsinn finde, aber sie sagte nur, dass sie mich ja gewarnt hätten und hier schon viele Nachts Personen gesehen und Stimmen gehört hätten, die es in Wirklichkeit nicht gibt. Dann denke ich mir auch nur: „Ja, da habt ihr wohl zu wenig getrunken während der Fastenzeit.“
Ich finde es zumindest amüsierend, mit ihnen über angebliche Geistergeschichten zu reden und freue mich schon auf die nächsten Geschichten und Erfahrungen, die ich hier machen werde.

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